Schnee in einem Reisebericht über Andalusien? Gibt’s. Denn in der Sierra Nevada ist der Name Programm. (Na gut, es waren Schneefleckchen. Aber Schnee ist schließlich Schnee.)
Unser Plan: den zweithöchsten Berg des „schneebedeckten Gebirges“ besteigen und dieser hatte nicht weniger als 3392 Höhenmeter und steht dem höchsten Berg, dem Mulhacen, um nichts – na, sagen wir fast nichts (90 Höhenmeter) – nach. Aber bevor es an die Bergbesteigung geht, absolvieren wir zuerst ein Trockentraining – quasi. Denn bevor es auf den kalten Gipfel geht, geht es zuerst in die heiße Schlucht von Monachil.
Gleich vor den Toren vom Granada und kurz vor der Sierra Nevada befindet sich die „Ruta de Los Cahorros“, in Monachil. Als wir unser Auto parken, ahnen wir noch nicht wo uns unsere 4 Stunden Wanderung hinführen wird. Was uns schon nach 15 Minuten Fußmarsch erwartet, erstaunt uns aber dennoch: Über eine Hängebrücke führt uns unser Weg in die enge Klamm, die der Rio Monachil in die schroffen Felswände der Sierra Nevada geschnitten hat. Beim Gehen über die schwankende Hängebrücke muss ich schmunzeln: In unserem Reiseführer stand, dass die Brücke schon oft modernisiert wurde und „heute so sicher wie nie zuvor ist.“ Dennoch wird darauf hingewiesen: “ Nicht mehr als vier Personen dürfen gleichzeitig über die Brücke gehen und die Brücke sollte AUF KEINEN FALL ins Schwanken geraten.“ Also: ohne Schwanken und brav im Gänsemarsch marschieren wir über die Brücke und werfen einen Blick über den kleinen Wasserfall des Rio Monchil.
Gänsemarsch ist auch das Stichwort für den weiteren Verlauf der Wanderung: Durch die enge Klamm führt uns der Weg weiter. An manchen Stellen haben gerade unsere Füße Platz auf dem Streifen der sich „Weg“ nennt. Auf der einen Seite ist Wand, auf der anderen der Rio Monchil. Mehrere Felsüberhänge versperren uns den Weg, sodass wir oft fast krabbeln oder uns an den Felswänden festkrallen müssen. Teilweise unterstützen uns in den Stein gebaute Griffe bei der Überwindung der Felsformationen. Im Túnel de las Palomas wird es plötzlich dunkel: gigantische Felsbrocken klemmen in der Schlucht und bilden einen dunklen Tunnel durch die Klamm. Während die Mittagssonne nun schon in die Schlucht scheint, stecken wir auf unserem Rückweg die Füße in das kristallklare und angenehm erfrischende Wasser des Baches.
Angenehm erfrischend war auch die Ankunft in unserem nächsten Zielort, in der Sierra Nevada. Während wir uns die Serpetinen in die Sierra Nevada hochschlängeln, klettern die Temperaturen hinunter: von 38 auf knappe 28 Grad. Eine willkommene Abkühlung erwartet uns also im verlassenen Skiort der Sierra Nevada, in dem anders als in österreichischen Skiorten im Sommer weder Restaurants noch Geschäfte offen haben. Und auch die Tourist Info erwartet anscheinend keine Sommertouristen, denn auch hier stehen wir vor verschlossenen Türen. Ein kleines Sportgeschäft versorgt uns dennoch mit dem was wir brauchen: einer Wanderkarte für den Pico Veleta, den wir besteigen werden.
Um kurz vor 9 Uhr stehen wir – mit voller Wandermontur – am Parkplatz der Hoya de la Mora, dem Startpunkt unser Pico Veleta Besteigung. Während wir in unsere Wanderschuhe schlüpfen, bestaunen wir bereits den zweithöchsten Berg der Sierra Nevada, mit seiner spitzen Zacke, und wundern uns, dass dieser so nah ausschauende Berg, 7 Stunden Gehzeit entfernt sein kann. Vollmotiviert – trotz der 7 Stunden bergauf die vor uns liegen – starten wir los. Auf 2500 Meter ist die Luft bereits dünn. Die ersten Meter hat man daher das Gefühl 5 mal Atmen zu müssen, um genügend Sauerstoff in den Lungen zu haben. Aber bereits als wir bei der „Virgen de las Nieves“, einer Madonnenfigur, die auf einem Steinbogen thront, ankommen, haben wir uns aklimatisiert. 3 Stunden wandern wir durch die felsige Landschaft der Sierra Nevada, die einem an eine graue Mondlandschaft erinnert. Während wir aufsteigen verändert sich die Landschaft: Auf ockerfarbenen Boden mit kleinen blasslila Blumen und Disteln, vorbei an rötlichen Felstürmen, kommen wir schließlich dem Gipfel immer näher, wo wir über grau-schwarze Schieferplatten und Steine marschieren bis wir schließlich unser Ziel erreichen. Nach nur 3 Stunden stehen wir am 3392 Meter hohen Pico Veleta und blicken stolz auf die umliegende Landschaft, während wir uns in unsere 4 Lagen Gewand hüllen: weiße Schneeflecken hängen in den grauen Steinwänden, die Sonne steht über dem Mulhacen, der dem Pico Veleta direkt gegenüber liegt, und der Wind weht fast schon die Meeresluft der Costa Tropial zu uns an den Gipfel. Bei einem kurzen Berg-Picknick genießen wir den Ausblick, bevor uns der kalte Wind wieder ins Tal treibt, wo wir nach nur 1,5 Stunden ankommen und uns bei der Virgin de la Nieves über ihre wachende Hand bei unserem Gipfel-Trip bedanken.
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Michael says
Beeindruckend!