Ronda. Das Revier von Banditen, die Muse der Poeten und das Zuhause des Stierkampfes. Und unser letzter Stopp auf unser Reise durch Andalusien.
Als wir mit dem Auto, das wir mittlerweile schon lieb gewonnen haben, in Richtung Ronda fahren, sieht man nicht, was diese Stadt alles in sich hat. Was man aber bei der Anfahrt sieht, ist das typisch spanische Umland: ockerfarbener Boden weit und breit, vereinzelte grüne Bäume kleben wie Wattebausche auf den kleinen Hügeln, die sich in der Weite zu steinigen, grauen Bergen auswachsen. Hier und da steht eine kleine, weiße Finka mit dem terracotta-farbenen Ziegeldach. Und genau diese Gegend war in den vergangenen Jahrhunderten das Jagdgebiet der spanischen Robin Hoods. Quasi der spanische Sherwood Forest der berühmt und vor allem brüchtigten „bandaleros“, der Banditen und Straßenräuber die die südspanischen Gebirgszüge und – straßen unsicher machten. Viele Sagen ranken sich um die „bandaleros“ um Ronda: „El Tragabuches“, José Ulloa, ein bekannter Bandit Rondas, hatte ein abwechslungsreiches Leben – als Flamencosänger und Stierkämpfer – bevor er seine Frau, eine schöne Tänzerin, im Jahr 1814 mit ihrem Liebhaber erwischte, diesen umbrachte und sich den „Siete ninos de Écija“, einer Banditenbande, anschloss.
Wäre er beim Stierkampf geblieben… hätte er genauso viel Bekanntheit erlangt. Denn: Ronda ist der Geburtsort der Stierkämpfe. Mitten in der Stadt befindet sich der „Plaza de Toros“, die älteste Stierkampfarena ihrer Art in Spanien. Sie fasst 5000 Zuseher und hat eine Kampffläche von 66 Quadratmeter. „Das einzige Land, dessen Nationalschauspiel der Tod ist.“, schrieb Fredrico García Lorca über das zelebrierte Ritual des Stierkampfes. Früher mussten junge Männer im Angesicht des Tieres ihre Männlichkeit beweisen. Heute geht es mehr um die Unversehrtheit der Toreros. (Tierschützer weghören: Der Stier interessiert hier keinen!) Mitten in der runden Arena stehend, fährt der Wind durch die Tribünen und wirbelt den Sand auf. Schließt mit mir die Augen und seht die Toreros, alle am Kampf gegen den Stier anwesenden Männer, in ihren engen und prunkvoll verzierten Gewändern, einmarschieren. Auf ein Musiksignal hin stürmt der Stier auf die jungen, noch unbekannten Fahnenschwenker zu, die jetzt ihr Geschick beweisen können. Das Schwenken der roten Flagge und das Umhertreiben dient nur einem Ziel: der Erschöpfung des Tieres. Wird das Tier langsamer, beendet der „Picador“ das Spiel – fast: Gepanzert und beritten stößt er dem Tier eine Lanze in den Rücken, während drei „Banderillos“ mit Widerhaken versehene Spieße in den Nacken des Stiers stechen. Den Endstoß – und somit das Todesurteil – liefert dann der berühmte „Matador“, der einen Degen bis zum Knauf im Nacken des Tieres versenkt und Herz und Lunge mit einem Stoß durchbohrt, während ihm das Publikum zujubelt.
Ein grausamer Kampf zwischen Mensch und Tier, den man sich außerhalb der Arena, in den Straßen Rondas schwer vorstellen kann. Steht man bei Sonnenuntergang unterhalb der Schlucht und blickt auf die Puente Nueve, die neue Brücke, die das Wahrzeichen der Stadt ist, ist die Stadt an Friedlichkeit und Romantik kaum zu übertreffen. Die 100m hohe Brücke, die eine Schlucht überbrückt und so die Altstadt mit dem neueren Teil der Stadt verbindet, ist das Postkarten-Motiv der Stadt. Wenn die Sonne die Mauern orange färbt und ein kleiner Wasserfall die Schlucht hinterunterfließt, sich Pärchen küssen und die weißen Häuser Rondas an den Klippen hängen…
… dann sind wir am Ende unserer Reise durch das schöne Andalusien angekommen. Genauso wie die Toreros den Stier, wie die Christen die Mauren oder die Sufer Tarifa erobert haben, genauso schnell hat dieses Land mein Herz erobert. Nicht bevor wir noch in einer Rooftopbar in Malaga die „einarmige“ Kathedrale von oben bestaunt und die Reise bei Tapas, wie dem typischen Iberico Schinken, ausklingen haben lassen, steigt mein Körper in den Flieger, aber ein Teil meines Herzens bleibt hier – in Spanien.
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