Sich umzudrehen, wenn man nichts hat, dass einen hält, ist leicht. Aber was ist, wenn du gehst, obwohl du etwas hast, was sich lohnt festzuhalten?
Als ich den Stift unter dem Sabbaticalvertrag setze, hatte ich eine große Wohnung am Rande von Wien, ein eigenes Auto, einen guten Job und eine Beziehung. Und trotzdem hatte ich nichts. Nichts, was mir zu verlieren schwer gefallen wäre. Nichts, von dem hätte mir das „Fortgehen“ schwer gemacht. Nur Materielles, nichts Ernstes, zuviel Kaputtes. In der Wohnung wollte ich genauso wenig sein, wie in der Beziehung. Der Sabbaticalvertrag war meine Flucht – meine Flucht, aus einem Leben, dass ich so eigentlich nicht mehr haben wollte. Mir wurde alles zuviel und zu eng. Ich musste das Weite suchen. Innerhalb eines Jahres krempelte ich mein Leben um: Ich plante meine Weltreise, beendete meine Beziehung, verkaufte Wohnung und Auto. Ich gab alles auf, was ich mir mühsam erspart und erarbeitet hatte.
Und dann kam es anders als ich dachte. Ich hatte es mir so gut ausgemalt: kleinere Wohnung in der Stadt, Single sein, Weltreise. Ich wollte auf niemanden Rücksicht nehmen müssen, wollte niemanden vermissen. In meinem Kopf hatte ich einen genauen Plan. Doch das Leben bewies mir einmal mehr: Pläne sind da, um auf den Kopf gestellt zu werden. Und das kann der Nomaden-Mann ausgezeichnet 😉 Innerhalb eines Jahres krempelte er meinen Leben erneut um. Als ich erst letzte Woche im Zug von Südtirol nach Wien saß, den Nomaden-Mann zurückließ, war ich nicht nur schwer verliebt, sondern gleichzeitig auch schwer traurig: Plötzlich war da etwas, was es zu verlieren gab: Ihn.
Ein (Liebes-) Geständnis? Ich hatte nie Heimweh. Zuhause war für mich immer ein Ort, den ich zwar mochte, der mich aber auch eingeengt hat. Kaum war ich zuhause, wollte ich schon wieder fort. So oft bin ich zuhause gesessen und hab von der Ferne geträumt. Immer war es das Fernweh, dass mein Herz schwer werden hat lassen. Doch jetzt im Zug hatte ich das erste Mal das Gefühl, dass es etwas anderes ist… Heimweh? Kann es das sein? Hätte man mir vor wenigen Monaten gesagt, dass aus meinem Fernweh durch einen einzigen Menschen „Heimweh“ werden kann, hätte ich es nicht geglaubt. Als der Zug hält, lache und weine ich zugleich. Denn ich weiß: Ich will plötzlich dorthin, wo ich nie sein wollte: nach Hause. Nur das mein Zuhause plötzlich kein Ort mehr ist,…
Trotzdem geh‘ ich. Wer sich jetzt erwartet hat, dass ich meine Reise nicht antrete, den muss ich enttäuschen. Es gab keine Sekunde in der ich daran gezweifelt habe, diese Reise anzutreten. Trotzdem alles anders kam, als ich es geplant hatte. Trotzdem ich jetzt „mehr zu verlieren hab“ und auch nicht trotzdem ich jetzt jemanden vermissen werde. Klar: Vielleicht ist Fortgehen, wenn du nichts hast, was dich hält, leichter. Vielleicht braucht es auch einfach nur ein bisschen mehr Mut, etwas zurückzulassen, was man lieb gewonnen hat. Ganz sicher, kann ich euch während meiner Reise mehr dazu erzählen, denn:
Ich werde im September in den Flieger steigen. Ich werde nicht fliehen vor meinem Leben. Aber ich werde trotzdem fortgehen. Ich werde mit Sicherheit Heimweh haben. Und werde mit Sicherheit vermissen. Und ich werde mit Sicherheit meinen Traum verfolgen, während mein anderer Traum zuhause auf mich wartet.
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sassi says
ich wein ein bisschen! ich freu mich so für dich, dass es dir so gut geht! :*
thomschi says
ich musste soeben einige tränchen verdrücken 😉
Kleine Nomadin says
Du musst vor allem bald Tränchen trocknen 😉